Die nano-Control ist eine internationale Stiftung, deren Zweck es ist, sich für gesunde Raumluft einzusetzen– mit besonderem Fokus auf Laserdrucker und Kopierer. Weltweit gibt es circa eine Milliarde davon. Schirmherr der Stiftung ist der weltweit angesehene Prof. Michael Braungart, Direktor des Hamburger Umweltinstituts und global bekannt für sein Cradle-to-Cradle-Konzept. Wir sprachen mit der Vorstandsvorsitzenden, Heike Krüger.
Frau Krüger, derzeit läuft eine Crowdfunding-Kampagne bei Betterplace.org – welche Ziele verfolgen Sie damit?
Wir haben eine 5-teilige Projektreihe geplant mit dem Titel „Gut zu wissen“. Das erste Projekt „Gefährliche Metalle im Toner“ konnten wir schon über Betterplace.org abschließen und mit den gespendeten Mitteln insgesamt 71 Toner auf enthaltene Metalle hin untersuchen. Mit unserem aktuellen Projekt „Welche Gefahren drohen durch Laserdrucker und Kopierer?“ (direkt zum Crowdfunding bei Betterplace.org) wollen wir unsere Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere den orchestrierten Einsatz der neuen Medien ausbauen – und noch mehr Menschen über die Gefahren durch Emissionen aus Laserdruckern und Kopierern informieren.
In Kürze soll die Reihe fortgesetzt werden – wir wollen beispielsweise mit kleineren Untersuchungen die Auswirkungen der Innenraumluft auf das Immunsystem der Menschen untersuchen, die regelmäßig Kontakt zu Laserdruckern haben.
Mit Ihrem Engagement sind wir im Kampf um gesunde Raumluft eng verbunden – seit wann gibt es nano-Control?
Die Stiftung nano-Control ist vor mittlerweile mehr als elf Jahren, im Jahr 2008, in Erfurt entstanden. Zweck war stets, über Risiken durch Laserdrucker mit der Unterstützung von Forschungsinitiativen aufzuklären und diese Risiken durch Information von Betroffenen einerseits und Institutionen aus den Bereichen Politik und Arbeitssicherheit andererseits zu beseitigen.
Darüber hinaus sollten schon betroffene Menschen durch Beratung und Hilfestellung unterstützt werden, da es für diesen Personenkreis keine Anlaufstelle gab. Ärzte, Gutachter, Rechtsanwälte und Behörden sind wenig hilfreich - übrigens bis heute. Damals hatte die ITG, die Interessengemeinschaft Tonergeschädigter im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V., schon 1.800 Betroffene aufgenommen. Heute sind es fast 4.000.
Laserdrucker und Kopierer stoßen einen gefährlichen Mix aus Feinstäuben, Nanopartikeln und Schadstoffen oft ungefiltert aus. Welche Gefahren lauern konkret?
Die humane Pilotstudie von Prof. Mersch-Sundermann vom IUK Freiburg aus dem Jahr 2013 hat 28.000 Genwirkmechanismen und biologische Effekte untersucht. Fazit der Studie: Dauerhafte Entzündungen, ausgelöst durch Raumluftbelastungen wie Emissionen aus Laserdruckern, können zu Krebserkrankungen führen.
Im Jahr 2017 hat die Harvard Universität eine Metastudie zu dem Thema herausgebracht, bei der 54 weltweite Studien untersucht wurden. Ergebnis auch hier: Es gibt überzeugende, wissenschaftliche Beweise bezüglich der biologischen Aktivität des sogenannten Toner-Based-Printing Equipment, also den auf Tonern basierenden Druckern. Es führt zu zellular-oxidativem Stress, Entzündung der Atemwege, Zellschädigungen und moderaten epigenetischen Veränderungen. Kurz gesagt: Das kanzerogene [krebserzeugend, Anm. der Redaktion] und mutagene [Erbgut verändernde, Anm. der Redaktion] Potential stellt eindeutig ein Gesundheitsrisiko dar.
Welche Größe haben die Feinstaub-Partikel, die Laserdrucker in Räumen verteilen?
Es handelt sich sowohl um feine wie auch ultrafeine Partikel. Enthaltene Metalle sind Nanopartikel, die im Toner gebunden sind, sich aber während des Druckprozesses bei ca. 200 Grad lösen können und so in die Raumluft gelangen können. Im Rahmen der Tonerstudie der Universität Gießen im Auftrag des Bundesinstituts für Risikobewertung, bei der Messungen in 63 Räumen durchgeführt wurden, konnte im Mittel ein signifikanter Anstieg der Konzentrationen feiner und ultrafeiner Partikel mit einem Durchmesser zwischen 0,01 μm und 1 μm festgestellt werden.
In fast zwei Drittel der untersuchten Büroräume wurde in der Studie außerdem eine Konzentrationsspitze zu Beginn des Standardruckvorgangs ermittelt. Dieser initiale Burst führte teilweise zu einer Vervielfachung der Partikelkonzentrationen in der Büroraumluft.
Ihre Stiftung klärt letztlich nicht nur auf, sondern Sie und Ihre Kollegen forschen auch selbst – welche Erkenntnisse haben Sie hieraus gewonnen?
So einiges: 2008 gelang in Rostock etwa der Nachweis von Tonerpartikeln in den Lungenzellen eines an Krebs verstorbenen Servicetechnikers. Im März 2009 wurden weitere Untersuchungen präsentiert, die zeigten, dass Laserdrucker auch metallische Partikel ausstoßen- neben Flüchtigen OrganischenVerbindungen (VOC) auch Polyzyklisch Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs).
Und mit der schon angesprochenen humanen Pilotstudie am IUK Freiburg wurden erstmals auch Kunststoffnanopartikel in den Emissionen nachgewiesen. Die Laserdrucker belasteten dabei die Raumluft mit durchschnittlich 15.379 Partikeln einer Größe von 10 bis 1.000 nm pro cm³. In der Spitze waren es 51.670 Partikel pro cm³. Rechnerisch atmeten die Testpersonen an den drei Tagen (jeweils 3 Stunden) 69 (!) Milliarden Partikel aus Laserdruckern ein.
Wie müsste die Industrie die Geräte ändern, damit davon weniger Gefahren ausgehen?
Sie sollten unbedingt Filter verbauen. Ein erster Hersteller,Konica Minolta, hat sich mittlerweile dafür entschieden. Damit können die Geräte die Emissionen nicht mehr in vollem Maß ausstoßen. Aus unserer Sicht ist dies ein Ansatz, aber kein 100-prozentiger Schutz, da die Drucktechnologie auf dem Einsatz gesundheitsgefährdender Stoffe, der Erhitzung dieser Stoffe auf 200 Grad und der deshalb notwendigen Be- und Entlüftung der Geräte beruht. Der Luftaustausch ist unkontrollierbar, solange die Geräte nicht in einer abgekapselten, absaugfähigen Umgebung betrieben werden.
Unser Vorschlag zur Verminderung der Emissionen in die Atemluft ist, die Geräte verpflichtend in separaten, raumluftkontrollierten Räumen zu installieren. Dies beinhaltet die Filterung der Ab- und Umluft mittels modernster Filtertechnik (Reinraumtechnik). Die Notwendigkeit ist in sensiblen Räumlichkeiten wie Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern, in Praxen oder Altenheimen besonders dringlich.
Braucht es neue politische Vorgaben, etwa Grenzwerte für Ultrafeinstaub in der Raumluft?
Wir haben 2017 einen 10-Punkte-Plan an das Bundesumweltministerium übergeben. Neben der Separierung der Geräte forderten wir u.a. Warnhinweise und spezifische Grenzwerte. Konkret:die Schaffung von Grenzwerten für ultrafeine Partikel und Nanopartikel in Innenräumen. Auf Basis der Exposition-Risiko-Beziehung für Asbest haben wir einen vorläufigen Grenzwert von 10.000 Partikeln pro Seite Druck zur Beurteilung vorgeschlagen.
Steht in Aussicht, dass ein solcher Grenzwert kommt?
Es ist unser größter Wunsch, Grenzwerte im Innenraum zu erreichen.Die vom Umweltbundesamt 2006 gemessenen Werte von bis zu 1.000 µg/m3 im Innenraum sind völlig inakzeptabel, wenn wir diese im Büro täglich acht Stunden über Jahre und Jahrzehnte aushalten.
Ob wir diesen Schutz erreichen, wird sich zeigen. Wie auch im Abgasskandal wurden in der Vergangenheit von Industrie und Behörden Fehler gemacht. Im Innenraum schlummern Altlasten wie asbesthaltige Stoffe oder auch die giftigen Substanzen aus der Holzschutzgeschichte. Dies ist vielen Menschen nicht mehr bewusst.
Wir denken, dass es an der Zeit ist, dass wir den Schritt hin zu neuen Grenzwerten wagen sollten, denn einer unserer größten Schätze sind die Menschen, die unseren Staat bis hierher gebracht haben und erfolgreich in die Zukunft führen werden. Dies funktioniert nur gesund, leistungsfähig und mit Motivation. Gesundheitsgefährdende Stoffe behindern dies und sollten sofort aus den Innenräumen entfernt werden.
Dabei wünschen wir Ihnen den größtmöglichen Erfolg, Frau Krüger. Wir danken Ihnen ganz herzlich für die Auskünfte.
(Bilder: nano-Control)